Tüftler und Erfindungen aus der Region Stuttgart
Manche Erfindungen aus Stuttgart haben das Alltagsleben der Menschen versüßt oder erleichtert. Andere veränderten die Welt. Und noch heute werden in der Region Stuttgart überdurchschnittlich viele Patente angemeldet.
Wir schreiben das Jahr 1883. Der Lärm aus einem Gewächshaus in der Taubenheimstraße 13 stört die Ruhe im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt. Der Gärtner des Anwesens ist beunruhigt und alarmiert die Polizei. Glaubt er doch, sein Arbeitgeber gehe dort heimlich der Falschmünzerei nach. Doch die Razzia bringt keine Beweise zutage. Als Ursache für den Lärm erweist sich eine Konstruktion, die aussieht wie eine Standuhr. Tatsächlich aber handelt es sich um den ersten schnell laufenden, leichten Universalmotor. Sein Erfinder: Gottlieb Daimler. Fünf Jahre später entwickelt der 26-jährige Robert Bosch einen Niederspannungs-Magnetzünder. Bis heute entfacht die Zündkerze das Kraftstoffgemisch und bringt den Benzinmotor auf Touren.
Der gebürtige Ludwigsburger Wilhelm Emil Fein zog 1870 nach Stuttgart. Hier entwickelte er den elektrischen Feuermelder und 1885 das erste tragbare Feldtelefon. Berühmt ist Fein für die Erfindung der elektrischen Handbohrmaschine im Jahre 1895. Damit leitete der Feinmechaniker die Entwicklung der Elektrowerkzeuge ein.
1926 gründet Andreas Stihl in Stuttgart-Bad Cannstatt die „A. Stihl Maschinenfabrik“. Ihn beschäftigt die Frage, wie man die körperlich schweren Baumfällarbeiten im Wald erleichtern kann. Noch im selben Jahr präsentiert er die „Ablängkettensäge mit Elektromotor“. Die erste Motorsäge aus dem Hause Stihl wiegt 48 Kilo und ist eine Zweimannsäge. 1929 stellt das Unternehmen die erste Säge mit Benzinmotor vor, zwei Jahre später folgt die erste tragbare Motorsäge. Für die „3 Laschen-Patent-Sägekette mit Schneide- und Ausräumerzähnen zum besseren Auswurf der Sägespäne“ erhält die A. Stihl Maschinenfabrik 1932 das Patent. Seit 1944 ist die Firma Stihl in Waiblingen ansässig und heute die meistverkaufte Motorsägenmarke weltweit.
1935 gründet der Ingenieur Alfred Kärcher in Stuttgart-Bad Cannstatt ein eigenes Unternehmen, um seine Produktideen auf dem Gebiet der Heiztechnik selbst zu produzieren und auf den Markt zu bringen. Der Durchbruch in der Reinigungstechnik gelingt 1950 mit der Entwicklung des ersten europäischen Heißwasser-Hochdruckreinigers (Dampfstrahler „DS 350“). Die Konstruktion für die Erhitzung des Wassers erweist sich als so zukunftsweisend, dass sie noch heute Basis aller Brenner ist. Ende der 1930er-Jahre verlegte das Unternehmen seinen Stammsitz nach Winnenden und ist heute der Weltmarktführer für Reinigungstechnik.
Der Stuttgarter Unternehmer Louis Leitz machte sich Gedanken darüber, wie man Papier praktisch ablegen und organisieren kann. Die Lösung des Problems präsentiert er 1896 mit dem Ordner, 1901 folgt der Locher.
Sigmund Lindauer aus Bad Cannstatt ließ 1912 den ersten Büstenhalter in Serienfertigung gehen. Der schwäbische Jude hatte ein kaiserliches Patent auf den ersten BH, der „ohne Versteifung auf der Haut zu tragen“ war. Zur Freude der Frauen, löste dieser Büstenhalter doch die mit Fischbein, Knochen oder Stahl versteiften Korsagen ab.
Am 15. September 1921 meldete der Stuttgarter Möbelfabrikant Karl Mayer das Reichspatent 387569 an. Dahinter verbarg sich ein Fußballbrettspiel mit einer Blechfigur, deren Fuß sich auf K(n)opfdruck bewegen ließ. Auf diese Weise musste ein zweifarbiger Würfel in ein Tor geschossen werden. Heute ist der TIPP-KICK Kult. Ebenso die Ahoj-Brause. Erfunden 1925 von dem Kaufmann Theodor Beltle. Beim Experimentieren mit Natron, Weinsäure und Wasser stellte er fest, dass Kohlensäure entsteht. Er entwickelt daraus ein „Brause-Limonadenpulver für alle Bevölkerungsschichten“. Limonade war damals nicht als Dickmacher verschrien, sondern ein exklusives Getränk, das sich nicht jeder leisten konnte. Sein Limonadenpulver kam und kommt gut an. Auch am Outfit der Brause hat sich nicht viel verändert: Schon seit 1930 ziert der Matrose die Tütchen der Ahoj-Brause.
1912 gründen Alfred Eugen Ritter und seine Ehefrau Clara in Stuttgart-Bad Cannstatt eine Schokoladen- und Zuckerwarenfabrik. 1930 zieht das Unternehmen aus Platzgründen ins nahegelegene Waldenbuch. Die Schokolade hat Clara Ritter zwar nicht erfunden, allerdings machte sie ihrer Familie 1932 den Vorschlag, eine Schokolade zu produzieren, „die in jede Sportjacketttasche passt, ohne dass sie bricht, und das gleiche Gewicht hat wie die normale Langtafel“. Eben quadratisch, praktisch, gut. Es ist die Geburtsstunde des Schokoladenquadrats, das den Namen „Ritter’s Sport Schokolade“ bekommt.